Die Wörter für Frühling und Herbst sind im Türkischen sehr ähnlich. Der Frühling im zweiten Jahresviertel von März bis Juni heißt Ilk bahar – übersetzt der erste Frühling. Wenn bei uns in Europa Herbst ist, ist in der Türkei Son Bahar – der letzte Frühling. Und es ist tatsächlich so – wo über die Sommermonate die Landschaft immer trockener wurde, das Gras und die Blumen langsam verschwanden – blüht und gedeiht nun alles wieder. Grüne Matten legen sich über die langsam feuchter werdenden Böden, und allerlei Herbstblumen machen die Landschaft wieder bunt.
Gleichzeitig werden die Tage immer kürzer, die Nächte frischer und immer wieder gießt es für ein paar Tage in Strömen. In dem kleinen Holzhäuschen, in dem ich wohne, machen wir uns langsam winterfest. Holz ist geliefert worden, die dünnen Holzwände mit Teppichen verdeckt sowie Dächer und offene Terrassen mit Folie abgedeckt. Und ich bin umgezogen – vom luftigen Baumhäuschen in der Höhe bin ich nun in eine erdnähere und besser isolierte Holzhütte umgesiedelt – was die Stabilität meiner Körperwärme beträchtlich verbessert. Das war auch notwendig, habe ich doch gar nicht realisiert, dass ich mich da oben sehr verfroren habe. Nun wohne ich nicht nur wärmer, sondern auch eine Spur trockener.

Ja, ich habe die Kälte unterschätzt. Klingt vielleicht eigenartig, weil ja die Temperaturen eindeutig höher sind als in Mitteleuropa. Der Unterschied ist wohl auch die Stärke der Sonne – wenn sie dann scheint. Dann strömen die wenigen verbliebenen Gäste und viele Einheimische hinaus an den Strand oder in die Berge und suchen sie geradezu – ganz im Gegenteil zum Sommer. Eine Art innerliches Aufwärmen, bevor gegen 16:00 Schatten und die Kälte kommen. Näher an der Natur zu leben, heißt auch, der Kälte mehr ausgesetzt zu sein. Die Wärme empfinde ich dafür als umso wohltuender – sei es an schönen Lagerfeuern, oder an den großartigen Kaminkonstruktionen in den noch geöffneten Restaurants wo sich abends immer eine Runde an Menschen versammelt und sich am Feuer wärmt.
Mein (vorerst) letztes Monat in der Türkei bricht an und ich freue mich genauso auf weitere Spaziergänge am Meer oder in den Bergen, die gerade beginnende Mandarinen und Orangensaison (eine Geschmacksexplosion – ich glaube ich bin für immer verdorben für in Österreich gekaufte Zitrusfrüchte) sowie auf gemütliche Suppenkochabende am warmen Ofen, der mit dicken Holzstücken gefüttert wird. Und die Kälte – ja, die muss man jeden Tag mit einem Stück Bewegung austricksen….
